Diesen wuchtigen Bau in Backsteingotik sehe ich jeden Tag von meinem Balkon aus: die Alte Mälzerei in Lichtenrade.
Heute möchte ich mich ins Innere des Gebäudes wagen.
Schon im Foyer stechen mir die stützenden Metallsäulen mit ihrer bunten Rostpatina ins Auge.
Ursprünglich wohl grün gestrichen, kommen heute rote, gelbe und braune Sprenkel zum Vorschein.
Sie stellen einen angenehmen Kontrast zum einheitlich grauen Beton dar.
Die historischen Maschinen und -teile im Erdgeschoss und der dritten Etage sind dekorativ aufgestellt und laden zur näheren Betrachtung ein.
Das Besondere an ihnen ist, dass ich mir eine Vorstellung davon machen kann, was einmal ihre Aufgabe war.
Das unterscheidet damalige von heutigen Maschinen, deren Zweck sich oft nur Fachleuten erschließt.
Mit dem Becherwerk, einer Art Paternoster, hatte das Gebäude eine perfekte Aufzuganlage. Damit wird das Malz aus dem Erdgeschoss in die oberen Stockwerke transportiert, wo es gereinigt, sortiert und gewogen wird.
Ansprechend sind die unterschiedlichen Farbvarianten der Schöpfkellen, der Becher, die auf einem Textilband montiert über Rollen rundum laufen.
Den Antriebsmechanismus der Getreidesortieranlage (vermutlich von 1927) kann man gut erkennen. Ob das mal per Dampfmaschine betrieben wurde?
Hier wird die Gerste gerüttelt, gereinigt und die Spreu vom Korn getrennt, sodass sie für die Keimung in sauberem Zustand vorliegt. Die riesigen Staubfänger (im Hintergrund des Fotos wie Schläuche aussehend) saugen den dabei entstehenden Staub und alle Kleinteile ab und führen sie über Rohrleitungen weg. Am Ende werden sie in Säcke abgefüllt. So wird die Einhaltung des deutschen Reinheitsgebots sichergestellt.
Die verschiedenen Verschlüsse wirken handgefertigt und jeder ist ein bisschen anders. Auch hier empfinde ich den Abrieb sehr ästhetisch.
Sogar ein großes Zahnrad ist zu sehen. Die runden Metallräder dienten wohl der Kraftübertragung.
Einen Einblick ins Innere der Maschine über ein Guckloch gibt es auch.
Diese Gerätschaften haben etwas so Solides. Sie sehen aus, als seien sie für die Ewigkeit gebaut.
Handwerkskunst in Zeiten der frühen Industrialisierung. Massives Holz, Eisen und anderes nachhaltiges Material waren die Bausteine.
Auch wenn ich über keinerlei Wissen der Ingenieurskunst und des Maschinenbaus verfüge, beeindruckt mich die Langlebigkeit und die Schönheit dieses Gebäudes, seiner Maschinen und deren Details.
Im Gegensatz zu Beton ist Backstein ein natürliches Material, das mit seiner warmen Farbe, zumindest bei mir, ein Wohlgefühl auslöst.
Die Porzellanisolierungen der ehemaligen Elektrik an der Fassade wecken Kindheitserinnerungen.
Was die Symbole des schmiedeeiserne Schildes bedeutet, weiß ich leider nicht, wäre aber für Hinweise dankbar, sollte jemand dazu Kenntnisse haben.
Es grüßt Sie aus der Nachbarschaft, Birgit Helmlinger
3 Kommentare
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Einen Museumsrundgang hatte ich am 12 von 12 auch noch nicht. Vielen Dank dafür, wie spannend. Wir haben noch ein paar antiquarische Druckmaschinen Zuhause, was ich auch sehr besonders finde. Ich meine, die sind locker 80 Jahre alt. Ich finde das unglaublich.
Liebe Grüße
Marita
Das klingt äußerst spannend, liebe Marita! Wie kommt das, dass du Druckmaschinen zu Hause hast? Herzlichst Claudia