Wenn Kunst eine Frage des Geschmacks ist – gilt das dann auch für Essig und Schnaps? Genau darüber wird derzeit auf Märkten und der Szene rund um Kunsthandwerk heiß diskutiert. Die zentrale Frage: Gehören handwerklich hergestellte Spirituosen und Essige auf einen Kunsthandwerkermarkt, oder sind sie dort fehl am Platz? Die Meinungen gehen weit auseinander.
Wie unterschiedlich Begriffe wie Kunst, Handwerk, Kunsthandwerk und Handwerkskunst genutzt und verstanden werden, zeigt die folgende Diskussion.
2021 machte ich mir Gedanken darüber und fand bloß zu einer Liebeserklärung: Kunst und Handwerk: Warum ich Euch von Herzen liebe
Heute habe ich das große Glück, die entbrannte Diskussion auf Facebook zu verfolgen und auszuwerten.
Kunst oder einfach nur Handwerk?
„Für mich ist Schnapsbrennen oder Essigmachen genauso Kunsthandwerk wie Marmelade kochen oder verschiedene Produkte aus Honig herstellen“, meint Klaus Conrad, der selbst eine Brennerei betreibt. Die Voraussetzung sei, dass die Produkte wirklich handwerklich gefertigt würden.
Andere sehen das differenzierter. „Also für mich gehören Lebensmittel/Genussmittel auf einen Handwerkermarkt, aber ich sehe das nicht als Kunsthandwerk“, findet Anita Rösler. Ähnlich sieht es Helene Schwabenland: „Sehr gut passen solche Sachen auch auf einen Bauernmarkt.“
Doch wo verläuft die Grenze? Ist ein kunstvoll bemaltes Weinfass Kunsthandwerk, aber der Wein darin nicht? Oder wird aus einem Produkt Kunst, sobald es mit einer besonderen Technik, Tradition oder kreativen Handschrift gefertigt wird?
Handwerk, Kunsthandwerk oder einfach nur nett?
Hier scheinen sich zwei Lager zu formen: Die einen sehen Kunsthandwerk als kreativen Ausdruck, bei dem Unikate entstehen. Die anderen betrachten es als traditionelles Handwerk, das hochwertige Produkte hervorbringt – und in diesem Sinne auch kulinarische Erzeugnisse umfassen kann.
Tom Bein bringt es pragmatisch auf den Punkt: „Ich finde, es muss schlicht zum Konzept passen. Und das kennt ihr als Veranstalter hoffentlich am besten.“
Für Kirsten Lichtenberg ist die Sache klarer: „Es gibt Kunsthandwerkermärkte und Handwerkermärkte. Ich denke, das fällt eher unter Handwerkermärkte. Unter Kunsthandwerk verstehe ich selbst hergestellte Unikate oder Arbeiten von Berufen, die es gar nicht mehr gibt.“
Die eigentliche Gefahr für Kunsthandwerkermärkte
Während sich die Geister an der Frage von Essig und Spirituosen scheiden, gibt es ein Thema, das viele Teilnehmer vereint: die Sorge um den zunehmenden Einfluss von Handelsware.
„Was die Kunsthandwerkermärkte früher oder später kaputt macht, wenn die Aussteller nicht etwas dagegen unternehmen, ist das immer größer werdende Angebot an Fabrikware“, warnt Birgitt Sander. Der Vergleich mit Lederwaren auf Märkten ist für sie bezeichnend: „Wenn wir mit unseren Lederwaren auf einem Kunsthandwerkermarkt stehen und neben uns ist ein Stand mit 10.000 Geldbörsen, das Stück zu 9,95 Euro, dann kann ich sicher sein, dass wir auf diesem Markt nichts verkaufen werden.“
Eine klare Linie zu ziehen, scheint also nicht nur bei der Frage nach kulinarischen Produkten wichtig zu sein, sondern auch für den Schutz des Kunsthandwerks an sich.
Ein Markt ist, was der Veranstalter daraus macht
Letztlich bleibt die Entscheidung, was zugelassen wird und was nicht, immer bei den Veranstaltern. Das sieht auch Jasmin Vogel so: „Eigentlich sollte der Veranstalter immer sehen, was er für eine Veranstaltung für Aussteller haben möchte, und gezielt auswählen.“
Elke Baum bringt es mit einem pragmatischen Ansatz auf den Punkt: „Wenn man den Markt mit 40 Kunsthandwerkern füllen kann, würde ich weiter keine Stände mit Essigen usw. dazu nehmen. Wenn man den einen annimmt, kann man dem anderen nicht absagen.“
Fazit: Eine Geschmacksfrage – im wahrsten Sinne des Wortes
Die Diskussion zeigt: Kunst und Kunsthandwerk sind nicht einfach zu definieren. Während manche kulinarische Produkte als künstlerisches Handwerk betrachten, sehen andere sie eher als Ergänzung oder gar als potenzielle Gefahr für den Marktcharakter.
Eins ist sicher: Die Debatte wird weitergehen – vielleicht bei einem guten Glas handgebranntem Schnaps.
Meine Meinung? Wein, Käse, Schinken und Speck, Essig, Honig, Marmeladen, Pralinen, Kunst, Handwerk und Design ergänzen einander prächtig. Ein Beispiel: Während der Wein nach seiner Öffnung nach einem geeigneten Verschluss sucht, findet er ihn als kunstvoll handgeschnitzten Kronkorken, auf dem ein Charakterkopf sitzt, wieder. Was kann besser sein als das?
Auch solche Gedanken wie „Was ist der Unterschied zwischen einem klassischen Straßenfest und einem Markt oder Event, das ein bestimmtes Thema zugrunde liegt?“ beschleichen mich und ich finde, dass zu Kunst, Handwerk und Design ein themenzentrierter Markt passt.
4 Kommentare
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