Was ist der Unterschied zwischen Straßenfest und Markt oder Event, das ein Thema hat?

Ein klassisches Straßenfest ist ein Fest, das vor allem auf öffentlichen Straßen oder Plätzen stattfindet. Ein Markt oder ein Event, dem ein Thema zugrunde liegt, beschreibt eine Veranstaltung, die sich auf ein abgegrenztes Thema konzentriert – zum Beispiel ein Kunstmarkt, ein Handwerkermarkt, ein Weinfest oder die Kombination daraus, wenn sich die Verbindung aufdrängt wie bei Kunst und Wein.

Wer organisiert das und wer ist eingeladen?

Die Organisatoren sind Gemeinden, Nachbarschaftsvereine oder private Initiativen.

Beim Straßenfest ist die breite Öffentlichkeit vor Ort. Im Schwerpunkt geht es darum, die Menschen aus der Nachbarschaft einzuladen und das Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Das Angebot reicht von Musik und Tanz über Kulinarisches bis hin zu Angeboten aus dem ortsansässigen Handel und Gewerbe. Manchmal ist auch Kunstgewerbliches beim Straßenfest eingebettet.

Bei Märkten und Events, den ein Thema zugrunde liegt, sind die Angebote, Aussteller und das Programm auf das gewählte Thema abgestimmt. Die Auswahl erfolgt gezielt. Es richtet sich vor allem an Besucher, die ein besonderes Interesse am Thema haben.

Oft werden Experten oder themenaffine Akteure eingebunden, die ihr Handwerk vorführen oder beim Workshop zeigen, wie die Arbeit mit dem Material geht und zu welchem Ergebnis sie führen kann. Das fördert das gegenseitige Verständnis und intensiviert das gemeinsame Erleben.

Neben dem inhaltlichen Konzept wird häufig auch viel Wert auf die gestalterische Umsetzung und die Atmosphäre gelegt – von Dekoration über Lichtgestaltung bis hin zur Präsentation der Angebote.

Wann ist es sinnvoll, einen Markt oder Event unter ein Thema zu stellen?

Ein Markt oder Event unter ein spezifisches Thema zu stellen, ist immer dann sinnvoll, wenn spürbar ist, dass sich Besucher dafür interessieren. Beispielsweise sprechen Kunstliebhaber, Designinteressierte oder Weinliebhaber gezielt auf ein solches Angebot an.

Beispiel: Ein Event, das sich ausschließlich auf lokale Kunst und Design fokussiert, kann ein Publikum anziehen, das speziell an Kunst, Handwerk und Design interessiert ist und die Leidenschaft mit den Kunstschaffenden teilt. In Sachen Wein teilt es das Interesse und die Leidenschaft dafür mit den Winzern.

Ein Markt, der Kunst und Wein kombiniert, kann als außergewöhnliche Plattform gelten, die Kunstwerke in einem genussvollen, sinnlichen Kontext präsentiert.

Wenn es gelingt, ein kuratiertes Programm zu erstellen, das durch hochwertige und themenrelevante Beiträge überzeugt, dann gewinnt der Markt oder das Event an Bedeutung. Die Qualität und Passgenauigkeit der Aussteller und Programmpunkte verstärken das Event-Erlebnis.

Beispiel: Die Einbindung von renommierten Experten oder bekannten Künstlern im gewählten Themenbereich kann die Attraktivität und Glaubwürdigkeit des Events erhöhen.

Förderlich für ein solches Vorhaben ist, dass die Veranstaltung in einer Umgebung stattfindet, die thematisch passt – sei es durch lokale Traditionen, die Infrastruktur oder bereits bestehende Netzwerke, die das Thema unterstützen.

Beispiel: Das Wein- und Winzerfest ist seit 1987 in Berlin-Lichtenrade ansässig. Es fand von 1987 bis 2013 in der Bahnhofstraße statt und war damit ein Teil des Geschäftsstraßenmanagements. 2014 haben wir das Weinfest an den idyllischen Dorfteich Lichtenrade verlegt, ein Ort, der 1375 erstmals urkundliche Erwähnung fand und durch seinen dörflichen Charakter wie geschaffen ist für die Begegnung von Wein und Kunst. Nun ist er ein Themenmarkt.

Wann ist ein Markt oder Event mit einem Thema im Zentrum weniger sinnvoll?

Ein zu eng gefasstes Thema könnte dazu führen, dass sich zu wenige Besucher oder Aussteller finden lassen. Auch Themen, die als nicht mehr aktuell gelten, könnten auf zu wenig Resonanz stoßen. Damit ist die finanzielle Ausstattung einer Veranstaltung nicht mehr gesichert.

Ohne Sponsoren oder Partner geht es auch nicht, wenn das Ziel ist, ein hochwertiges Programm aufzustellen. Besucher, die ein hochwertiges Angebot suchen, bleiben weg.

Eine Übersättigung des Marktes findet statt, wenn in der gleichen Region mehrere Veranstaltungen mit gleicher inhaltlicher Struktur stattfinden. Dann halbiert sich die Anzahl der Besucher.

Wenn ein Event weder „Fisch noch Fleisch“ ist, das also Konzept nicht deutlich macht, was das Besondere an der Veranstaltung ist und es an einer überzeugenden Story fehlt, bleibt das Interesse oft aus.


Lichtenrade: Keimzelle aller Straßenfeste in Berlin

1987 war die Bahnhofstraße in Lichtenrade zum ersten Mal der Austragungsort für ein Wein- und Winzerfest in Berlin. Schnell wurde sie zur Mutter aller Straßenfeste, denn das Konzept galt als Vorlage für weitere Feste dieser Art, darunter das Turmstraßenfest, das Reichsstraßenfest, das Rheinstraßenfest, das Hauptstraßenfest, das Straßenfest in der Grunewaldstraße mit der Akazienstraße, das Müllerstraßenfest und sicher auch noch andere.

Noch heute spricht man von Veranstaltern, die hier „gelernt“ haben, wie ein Straßenfest zu organisieren geht. Zunächst war man als Standbetreiber beim Weinfest in der Bahnhofstraße aktiv, und wenn man über genug Erfahrung und das nötige Wissen verfügte, zog man kurzerhand ein eigenes Straßenfest hoch, das nicht selten den Namen der Geschäftsstraße trug, in der sie stattfand. Denn die Einkaufsstraße galt es zu beleben, hieß es, und das Straßenfest war der Motor, sie bekannt zu machen.

Das Weinfest gewann nach Grenzöffnung so richtig an Bedeutung

Das Weinfest entstand zu einer Zeit, als das Reisen wegen der Mauer rund um Berlin nicht so einfach war wie heute. Nach Grenzöffnung waren die vier großen Straßenfeste in Berlin so gefragt wie nie zuvor. Der Reiz des Neuen ließ die Gäste aus dem Umland nach Berlin in die Einkaufsstraßen strömen, denn der Bahnhof Lichtenrade war nicht weit und ermöglichte die gute Erreichbarkeit der Bahnhofstraße mit seinem Weinfest.

Das Bild wandelte sich ab 2000. Im Angebot des Weinfests gab es zusehends mehr „Trash“ als „Treasure“. Die Geschäfte zeigten sich immer weniger begeistert „über die Belebung ihrer Straße“. Denn die Parkplätze vor der Tür waren vom Straßenfest besetzt und fürchteten um ihren Umsatz am Festwochenende. Von der geräuschvollen Musik, dem Geschnatter der vielen Menschen, die zu Besuch gekommen  waren, und dem Schmutz, den sie da ließen, ganz zu schweigen.

Die Akzeptanz bei den Geschäftsinhabern und den Anwohnenden in den Einkaufsstraßen Berlins mit den „belebenden“ Straßenfesten fiel zusehends.

Warum sind Straßenfeste nicht mehr der Motor für die Einkaufsstraßen in Berlin?

Das hat viele Gründe. Hier sind einige davon:

  • Die Organisation wurde oft an externe Dienstleister übergeben. Deshalb glich ein Straßenfest dem anderen. Die sinnstiftende Identifikation mit der Einkaufsmeile fiel damit aus.
  • Die Straßenfeste nahmen immer mehr den Charakter eines Volksfestes mit Fahrgeschäften an.
  • Die Geschäfte und Einrichtungen der Einkaufsstraße beteiligten sich immer seltener daran. Information und Beratung, was das Angebot der Einkaufsstraße anbelangt, waren rückläufig.
  • Die Einkaufsstraßen verloren nach und nach ihre inhabergeführten Geschäfte.
  • Taxi- und Bushaltestellen mussten verlegt werden
  • Die Gewerbetreibenden befürchteten den Parkplatzverlust für ihre Kunden und damit einhergehend den Umsatzrückgang für ihr Geschäft.

Schließlich zog das Wein- und Winzerfest Lichtenradeum – an den nahe gelegenen, idyllischen Dorfteich (Giebelpfuhl), kaum 300 Meter von der Einkaufsstraße entfernt.

Richtig, bei diesem beeindruckenden wie idyllischen Ensemble handelt sich um den alten Dorfkern Lichtenrades! Lichtenrade wurde genau 1375 erstmals urkundlich erwähnt. Davon zeugen die Dorfkirche und das Pfarrhaus nebenan. Der Dorfteich ist der größte seiner Art in Berlin. Mit am Ort sind das alte Schulhaus, die Schmiede und das Gasthaus, heute eine Tanzschule, die kopfsteinbepflasterte Straße, die Gutshäuser und alten Gehöfte. Sogar der alte Bauer ist noch da. Er heißt Happe mit Namen. Seine Ahnen liegen auf dem kleinen Friedhof an der Dorfkirche. Die Grabsteine sind in Richtung seines Hofes ausgerichtet. Seit 1883 gibt es in Lichtenrade auch eine Bahnstation, die bis heute die Bahnhofstraße mit dem alten Dorfkern verbindet.

Das großzügige Blätterdach der alten Bäume säumt den Dorfteich Lichtenrade und lädt zum Besuch und zum Verweilen ein. Zweimal jährlich ist hier das Wein- und Winzerfest zu Gast.

Der Unterschied zwischen Volksfest, Straßenfest und Weinmarkt: Der Ort im Grünen lädt zum Wohlfühlen ein.
Der Unterschied zwischen Volksfest, Straßenfest und Markt: Der Ort im Grünen lädt zum Wohlfühlen ein.

Der Aufenthaltsqualität beim Weinmarkt am Dorfteich ist ungleich höher als beim Straßenfest in der Bahnhofstraße

Die Aufenthaltsqualität am Lichtenrader Dorfteich ist ungleich höher. Die Dorfstraße Alt-Lichtenrade lädt zum Flanieren und Verweilen ein. Ein um das andere Mal umrunden die Besucher den Teich und schauen sich die Auslagen künstlerischer oder handwerklicher Art an – also das, was den Haushalt noch zu hübschen oder zu ergänzen vermag: ein Topf Honig vielleicht? Ein Stück Käse vom Bergbauern aus Österreich? Früchtebrot? Luftgetrocknete Salami? Aus Wurzelwerk gefertigte Schnittbrettchen? Patchworkdeckchen für die gepflegte Tischkultur? Aus Kork geschnitzte Charakterköpfe zum Verschließen der Weinflaschen?

Übrigens, auch zu früheren Zeiten beschäftigte sich die Kunst mit dem Thema Wein. Heinrich Heine schrieb über Belsazar, wie er rauschhaft aus dem goldenen Becher „vom Tempel Jehovas“ trinkt. Die Barockmalerei nahm das Thema „Wein und Genuss“ auf. Rubens und Rembrandt waren ihre berühmtesten Vertreter: Kunstgeschichte: Vom Geist des Weines – Mehr Genuss – Tagesspiegel.

Der Relaunch: Die Kombination von Kunst und Wein gelingt am Dorfteich noch einmal so gut

Warum? Weil beide, die Kunst und der Wein mit allen Sinnen geprüft werden können.

Und da die Winzer den direkten Kontakt zu Kunden lieben, überwinden sie zwischen 600 und 1000 Kilometer bis nach Berlin, um ihnen über die Theke hinweg ein Weinpröbchen zu reichen und Bestellungen entgegenzunehmen.

Checkliste: Was macht ein Stadtfest gut?

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