Herbert Witzels Worttransport-Verlag mit Neuauflage: Agathas altes Berlin

In
Agatha Nalli-Rutenberg (1838-1919)

Agathas altes Berlin ist die verbesserte Buchproduktion von Herbert Friedrich Witzels Verlag Worttransport.de. Sie enthält Erinnerungen der A. Nalli-Rutenberg.

1907 schrieb Nalli-Rutenberg erstmals ihre Erinnerungen an und als »Mein liebes altes Berlin« auf. 1912 folgte die verbesserte Neu-Ausgabe »Das Alte Berlin«, die nun, von Witzel aus der Frakturschrift übertragen, sanft redigiert und klug bebildert, in seiner »A&O-Reihe« (Aufgefrischte Originaltexte) und natürlich als »Buch ohne Eselsohren« eine bibliophile Wiedergeburt erlebt. (Aus Kiez und Kneipe Neukölln)

»Agathas altes Berlin«, 204 Seiten, 20 €, worttransport.de Verlag, E-Mail: witzels-worttransport@web.de

Warum dieses Buch?

An ein Berlin vor Weltkrieg I, Versail­ler Vertrag, Welt­krieg II und EU I, wie es Agatha Nalli-Ru­tenberg hier be­schreibt, an so ein Berlin des Frie­dens konnte sich Witzel schon gar nicht mehr erinnern. Und doch hat es das gegeben, Spuren davon sind noch da.

Außerdem wusste er gar nicht, dass es auch einen Berliner Vampir gab, dessen Konterfei heute noch als „Kaaks“ im Niko­laiviertel zu finden ist — siehe S. 147 ff.

Zu sehen ist Kaaks-Skulptur als Verzierung an der Berliner Gerichtslaube im Nikolaiviertel - von Lyddit selbst fotografiert
Kaaks-Skulptur als Verzierung an der Berliner Gerichtslaube im Nikolaiviertel – von Lyddit selbst fotografiert, Bild lizenzfrei, Quelle: Wikipedia

Ansonsten gilt: „Berlin kann nie fertig werden.“ Klaus Lederer (ein Bürgermeister Berlins auf der Reservebank im Tagesspiegel vom 21.08.2017)

Das Geleitwort zum Buch

Ernst Friedel (1837—1918), Berliner Kommunalpolitiker, Stadt­ältester sowie früherer Vorsitzender des Vereins für die Geschichte Berlins, schrieb 1912 im Geleitwort:

Es liegt in der weiblichen Auffassung und Darstellung solcher biographischer Ein­zelheiten und Geschehnisse doch noch etwas Eigenarti­ges, das uns Männern mangelt. ― Alles in allem ein fesselndes, erheiterndes, belehrendes Werk, dem Leserkreis beiderlei Geschlechtes bestens empfohlen.

Im Folgenden greift sich Herbert Witzel, der Verlagsinhaber von worttransport.de, einige Ortschaften, die Agatha Nalli-Rutenberg vertraut gewesen sind, heraus und stellt sie uns kurz vor.

An der Fischerbrücke

In Agathas altem Berlin sah es in der Gegend an der Fischerbrücke, wo sie geboren und aufgewachsen ist, ungefähr so aus:

Dieses Bild zeigt Agatha Nalli-Rutenbergs Zuhause in Berlin am Mühlengraben, ins Bild gefasst von Ernst-Albert Fischer-Cörlin
Ernst-Albert Fischer-Cörlin, Am Mühlengraben, 1880

Eine Ansicht an einem Tag im Sommer. Unwillkürlich fühlt sich Witzel Heinrich an Zilles Hinterhof-Romantik erinnert.

Die Spree im Winter

Später, als Berlin zur Stadt herangewachsen war, sah es an der Spree eher so aus ― jedenfalls im Winter:

So sah die Spree im Winter aus, als Agatha Nalli-Rutenberg lebte.

Ein Winter mit gefrorenen Eisflächen, die Abwechslung boten.

Fanchonzeck

Ein beliebtes Kinderspiel an der damaligen „Kö­niglichen Elisabeth-Schule“, die Agatha besuchte, hieß „Fanchonzeck“:

Fanchonzeck. Das Bild zeigt ein Spiel, bei dem es ums Fangen geht - bereits damals ein beliebtes Spiel zwischen Kindern in der Schule

Fanchonzeck meint einfaches Nachlaufen bzw. Einkriegezeck. Es ist ein „Spiel, bei dem ein Kind die anderen fangen und mit leichtem Schlag berühren muss“ [DUDEN].

Das Rosenthaler Tor

Später wohnte Agathas Familie bei ihrem Onkel in der Gegend vorm Rosenthaler Tor, deren Entwicklung hier zu sehen ist:

Das Rosenthaler Tor hat sich in 110 Jahren Entwicklungsgeschichte deutlich gewandelt. Das zeigen diese drei Fotografien.
Das Rosenthaler Thor zwischen 1860 und 1976

Die Wiege der Telegraphie in Berlin

Das Haus des Onkels, in dem die Familie Rutenberg dann wohnte, Schöneberger Straße Nr. 33 (später Nr. 19), wurde zur Wiege der Telegraphie. Im gesamten Quergebäude hatte sich Johann Georg Halske von Siemens & Halske eingemietet und entwickelte dort seine mehr oder weniger drahtlosen Erfindungen.

Das Haus der Telegraphie in der Schöneberger Straße beherbergt u. a. die erste Werkstatt von Siemens & Halske.
Oktober 1847: erste Werkstatt von Siemens & Halske im Hinterhaus der Schöneberger Straße 33; später Nr. 19.

Auch Mädchen turnen in der Hasenheide

Was damals noch ganz neu war in Neukölln und dort heute, so scheint ist, an Ansehen eingebüßt hat, ist das Turnen für Mädchen. Agatha ging einfach mit ihrem Bruder mit in die Hasenheide.

Eine Briefmarke erinnert: Sportvater Friedrich Ludwig Jahn lud vor mehr als 200 Jahren zum Turnen in die Hasenheide ein.
Hasenheide: 200 Jahre Turnplatz Friedrich Ludwig Jahn

Das Schwimmen erfunden und die erste Schwimmanstalt gegründet

Damals wurde übrigens auch das Schwimmen erfunden. Der General von Pfuel guckte es den Fröschen ab und richtete die erste Schwimmanstalt ein.

Zu Zeiten von Agatha Nalli-Rutenbergs wurde das Schwimmen erfunden. Von Pfuel guckte es den Fröschen ab und lehrte es in der ersten Schwimm-Anstalt in Berlin.
Ohne Worte (diese Abbildung erklärt sich selbst)

Soldatin Eleonore Prohaska kämpft gegen Napoleon

Außerdem kümmerte sich der General schon damals um die Gleichberechtigung und sorgte dafür, dass der Soldatin Eleonore Prohaska, die siegreich unter seiner Fahne gegen Napoleon gekämpft hatte, ein Denkmal gesetzt wurde.

Auf dem Bild ist Eleonore Prohaska, die erste deutsche Soldatin zu sehen.
Eleonore Prohaska (1785―1813), deutsche Soldatin in den Befreiungskriegen.

Weihnachten in Berlin

Ansonsten herrschte in Agathas Berlin aber Frieden, und das nicht nur zur Weihnachtszeit:

Dieses Bild hat Franz Skarbina gemalt. Es zeigt einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Jahre 1892.
Franz Skarbina, Weihnachtsmarkt in Berlin (1892)

Neu aufgelegt und frisch bebildert: Agathas altes Berlin

So weit, so gut. Am liebsten würde Witzel gleich den ganzen Inhalt des Buches erzählen wollen, „aber Agatha Nalli-Rutenberg kann das besser“, sagt er. Vielleicht erwischen wir ihn bei Gelegenheit bei einer seiner Buchvorstellungen? Ich werde fragen und gebe Nachricht – versprochen!

Dies ist das Buchcover zu Agathas altes Berlin
Agatha Nalli-Rutenberg: Agathas altes Berlin, Erinnerungen der A. Nalli-Rutenberg 1912, herausgegeben von Witzel, Herbert Friedrich

»Agathas altes Berlin«, 204 Seiten, 20 €, worttransport.de Verlag, E-Mail: witzels-worttransport@web.de


Antje Witzel ist Batik-Künstlerin. Sie hat ihren Mann mit Batik bildlich gemacht.
Herbert Friedrich Witzel, von Antje Witzel in Batik porträtiert

Horst-Dieter Keitel über Herbert Witzel:

Herbert Witzel, laut Selbstbezichtigung „Berliner mit Braunschweiger Migrationshintergrund und Worttransporteur“, lebt seit 1971 hier und ist einer der letzten Vertreter der legendären Bohème, die sich Anfang der 1970er-Jahre um den Maler und „Leierkasten“-Wirt Curt Mühlenhaupt im „Kreuzberger Künstlerkreis“ sammelte. Zu diesem Club gehörte auch der damals höchst populäre Literat und Grafiker Günter Bruno Fuchs, der Witzel als Nachhilfelehrer für seine Tochter engagiert hatte, sein Schreibtalent erkannte, ihm zur ersten Buchveröffentlichung verhalf und ihn mithin in der Szene etablierte. „Seitdem ist Schreiben meine Macke“, so Witzel. In den folgenden Jahrzehnten veröffentlichte er unter anderem in überregional namhaften Zeitungen vor allem satirische Kurzgeschichten.

Auszüge aus Kiez und Kneipe Neukölln vom 4. November 2022:

Herbert Friedrich Witzel hat das Programm seines kleinen Neuköllner »worttransport«-Verlags um eine geschichtlich hochinteressante Preziose bereichert. Im Rahmen seiner Recherchen zum im 19. Jahrhundert in Rixdorf lebenden und auf dem »Neuen Jacobi-Friedhof« begrabenen Philosophen und Bibelkritiker Bruno Bauer stieß er auf dessen Patenkind Agathe Nalli-Rutenberg. Die 1838 auf der Fischerbrücke geborene Schriftstellerin ist die Tochter von Adolf Friedrich Rutenberg, eines Freundes von Karl Marx und Chefredakteur der »National Zeitung«. Sie war Lehrerin in Schöneberg, reiste viel durch Europa und heiratete in Italien den Römer Fausto Nalli, blieb ihrer geliebten Heimatstadt aber stets treu verbunden.

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