Restaurantkritik: Clubhaus Matchpoint Lichtenrade

Schon als Kind durfte ich in der Küche mitanpacken. Ich stand auf einem Fußschemel und schaute meiner Mutter am Herd zu. Mit der Zeit durfte ich helfen, immer noch mit dem Fußschemel, damit ich über den Herd schauen konnte. In unserem großen Garten erntete ich Gemüse und holte den Salat. Meine Schwestern konnten dem Kochen weniger abgewinnen, sie backten lieber und wurden alle hervorragende Kuchen- und Tortenbäckerinnen. So bin ich ein leidenschaftlicher Koch geworden, der danach Kochbücher durchstöberte, sich später Kochsendungen anschaute und alles ausprobierte, was mich interessierte oder mir schmeckte.

Restaurantkritik: Clubhaus Matchpoint Berlin-Lichtenrade - Raimund Bayer ist mit Leidenschaft beim Kochen dabei.
Raimund Bayer ist selbst leidenschaftlicher Koch.

Kochen ist meine Leidenschaft. Essengehen ist es auch.

Trotzdem gehe ich aber auch gerne in Restaurants, lasse mich verwöhnen und probiere neue Gerichte, Gewürze und Lebensmittel. Nichts ist mir zu fremd, nichts zu außergewöhnlich, ich probiere alles. Interessante Zeitungsberichte über neue oder ausgefallene Gerichte oder Restaurants können mich begeistern. Im Ausland interessiert mich mehr das Essen als kulturelles Ereignis. Mit Freunden oder der Familie an einer langen Tafel zu sitzen ist für mich pralles Leben, Genuss, Lebensfreude und Leidenschaft. Je älter, umso mehr. Doch mit zunehmendem Alter fällt es mir immer schwerer, ein Restaurant zu finden, in dem ich all meine Wünsche und Erwartungen erfüllt bekomme. Die Enttäuschungen nehmen zu. Wenn meine Frau sagt, das hättest du besser gekonnt, dann spüre ich auch ihre Enttäuschung und nicke ihr mit einem lachendem und einem weinenden Auge zu. Ich liebe die italienische Küche. Sie ist einfach, ehrlich und in ihrer geschmacklichen Vielfalt unübertroffen.

Bei meiner Restaurantkritik geht es um Geschmack, Service und Ambiente

Das alles möchte ich vorausschicken, wenn ich mich als „Lichtenrader Restaurantkritiker“ aufmache, um unsere Restaurants zu beschreiben und zu testen. Ich werde maßvoll und zurückhaltend urteilen. Aber ich will unbestechlich und mit gleichen Grundsätzen werten.

Sie, liebe Leserinnen und Leser, müssen die Feinheiten schon selbst herausfinden. Natürlich wird der Geschmack des Essens im Vordergrund stehen, daneben werde ich Service und Ambiente gleichwohl berücksichtigen, denn das gehört zu einem guten Essen. Natürlich werde ich meine Lieblingsgerichte probieren, das sind vielleicht nicht Ihre. Auch mein Geschmack muss nicht der Ihre sein. Also nehmen Sie mein Urteil bestenfalls als Richtschnur, nicht als Maßstab, nicht absolut. Sie dürfen mir auch gerne widersprechen. Notfalls gehe ich noch ein zweites Mal oder öfter in ein Lokal, wenn der Wirt mich noch hereinlässt. Ich wünsche Ihnen also viel Spaß mit meiner neuen Kolumne.

Bilder zum Clubhaus Matchpoint: Der Eingang
Das Clubhaus Matchpoint ist Teil des Tennisbetriebs in Berlin-Lichtenrade

Bei Matchpoint folgt die Gastronomie dem Takt des Tennisclubs

In vielen Restaurants wechseln die Pächter und Köche in kurzen Abständen. Kaum hat man Gefallen an der Karte gefunden, ist sie schon von gestern. Das war lange Zeit auch im Lichtenrader Tennisclub „Matchpoint“ so gewesen. Jeder Wirt hat es in so einem Umfeld nicht leicht. Der Tennisbetrieb gibt den Takt an, die Gastronomie folgt diesem Takt.

Francesco ist Wirt und Koch beim Clubhaus Matchpoint.
Francesco ist Wirt und Koch beim Clubhaus Matchpoint in Lichtenrade.

Der Matchpoint hat seit ca. zwei Jahren einen italienischen Pächter. Francesco heißt der erfahrene Wirt und Koch. Mit seiner Lebensgefährtin bewältigt er diese Aufgabe hervorragend – vor allem auch in den Corona-Zeiten. Francesco bietet authentische italienische Küche. Seine Karte ist übersichtlich, dazu kommen wechselnde Tages- oder Wochengerichte. Die Preise sind angemessen.

Beim Matchpoint vom Tennisclub im Franziusweg sieht es einladend aus.
Beim Matchpoint vom Tennisclub im Franziusweg sieht es einladend aus.

Das Restaurant ist Teil des Vereinsgeländes. Das bedeutet, dass man zu bestimmten Zeiten gewissen Einschränkungen unterlegen ist. Es empfiehlt sich vorher anzurufen oder reservieren zu lassen. Manchmal haben Tennisspieler Vorrang. Ein kleines Nebenzimmer kann abgetrennt und für Gruppen oder für private Feierlichkeiten benutzt werden. Besonders schön ist die Außenanlage, die im Sommer ganz wunderbar zum Essen und Verweilen einlädt.

Die grüne Außenanlage lädt zum Verweilen beim Clubhaus Matchpoint in Lichtenrade ein.
Die grüne Außenanlage lädt zum Verweilen beim Clubhaus Matchpoint in Lichtenrade ein.

 

Neulich erst waren wir bei Francesco im Clubhaus Matchpoint essen

Vor zwei Wochen war ich an einem Sonntag mit meiner Frau und einer Freundin zum Essen. Wir saßen bei herrlichem Sonnenschein auf der wunderschönen Terrasse. Francesco begrüßte uns persönlich und bot uns Plätze an. Eine Schiefertafel verwies auf die Tagesspezialitäten: Pfifferlinge mit diversen Beilagen. Mit den Getränken kamen unaufgefordert drei Teller mit einem Gruß aus der Küche: eine große Scheibe Vitello Tonnato und ein Carpaccio vom Rind mit einer speziellen Soße, dazu mehrere Weißbrotscheiben. Dafür müsste ich in manchen Lokalen bis zu zehn Euro zahlen. Es schmeckte wunderbar und verkürzte die Zeit bis zum Hauptgericht.

Ich bekam ein Rumpsteak mit Bratkartoffeln, Pfifferlingen und einen kleinen Salat. Das Rumpsteak, zart, herrlich gewürzt mit fantastischen Grillaromen war ein Hochgenuss. Das Fleisch war saftig, hatten einen zarten Schmelz und war frei von irgendwelchen Sehnen. Es war das beste Rumpsteak, das ich jemals in Lichtenrade serviert bekam. Das kann ich auch von den Bratkartoffeln und den Pfifferlingen behaupten. Die Bratkartoffeln, fein gewürfelt, rundum braun gebraten, glänzten, lagen aber nicht in einer fettigen Soße aus Butter oder Öl. Kleine Speckwürfel sowie Zwiebeln gaben ihnen eine feine Würze. Die Pfifferlinge, ausgewählte kleine Exemplare, gut durchgebraten, bildeten eine hervorragende Ergänzung zum zarten Steak.

Der kleine gemischte Salat mit einem feinen Jogurt Dressing brachte die Frische auf den Teller und den Gaumen. Die Portionsgröße war ausgezeichnet. Das Rumpsteak dominierte, die Beilagen ordneten sich unter und ergänzten. Nichts blieb übrig, nichts war zu wenig. Das man für ein solches Gericht nicht mal zwanzig Euro zahlen musste, fand ich fast unanständig. Ich habe für ähnliche Gerichte in schlechterer Qualität schon deutlich mehr gezahlt.

Meine Frau und ihre Freundin hatten einen gemischten Salatteller mit reichlich Lachsstreifen. Auch sie waren überaus zufrieden.

Das Angebot entsprach voll und ganz meinen Erwartungen

Dass Francesco sich auch während des Essens immer wieder nach unserem Wohlbefinden erkundete, gehört zum guten Service. Als Gast fühlt man sich wohl und gut behandelt. Nach einem ausgiebigen Mahl gingen wir zufrieden nach Hause.

Francesco fragt seine Gäste, ob es geschmeckt habe und sie sich wohlfühlten? Matchpoint ist bekannt für seinen guten Service.
Francesco fragt seine Gäste, ob es geschmeckt habe und sie sich wohlfühlten? Das Matchpoint ist bekannt für seinen guten Service.

Nun können Sie mir vorhalten, dass unsere Essensauswahl nicht typisch italienisch sei. Da haben Sie natürlich recht. Aber ich verspreche Ihnen, dass die italienischen Gerichte ebenso munden. Ein Bild von einem Vorspeiseteller füge ich bei. Den hatte ich einige Wochen vorher. Köstlich!

Essen ist für mich ein ganzheitliches Erlebnis. Dazu gehören viele und sehr unterschiedliche Genussmomente. Hier waren alle vorhanden. So stelle ich mir ein gutes Essen vor.

Bravo Francesco!


Bilder und Text: Raimund Bayer

Raimund Bayer ist bekannt für seine Buchbesprechungen. Als Autor schrieb er die Trilogie Grenzüberschreitung, Mit 65 fängt ein neues Leben an, dem Liebesroman 90 Tage mit Lichtenrader Bezug und dem neuen Liebesroman Die große Liebe, der dieser Tage entsteht.

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