Spannender als ein Krimi: Der Ernährungskompass von Bas Kast

Ich war neidisch, als ich die Verkaufszahlen vom Ernährungskompass sah. Ein Ratgeber, einer von Hunderten, hatte sich binnen kurzer Zeit über eine Million Mal verkauft. Ich selbst hatte noch nie wirklich eine Diät gemacht, aber mir war klar, dass meine Ernährung meine Gesundheit entscheidend beeinflusst. Nun war ich neugierig auf das 2018 als das „Wissensbuch des Jahres“ ausgezeichnete Werk von Bas Kast und stellte fest: Es liest sich spannender als ein Krimi: Der Ernährungskompass von Bas Kast.

Über den Wissenschaftsautor Bas Kast

Der Wissenschaftsautor Bas Kast, geboren 1973 in Landau, Pfalz, ging in den Niederlanden, Deutschland und Kalifornien zur Schule, studierte Psychologie und Biologie unter anderem am MIT in Boston volontierte als Journalist beim Tagesspiegel und war dort bis 2008 Wissenschaftsredakteur. Seither arbeitet er als freier Autor. Kast wurde unter anderem mit dem Axel-Springer-Preis (2002), dem Heureka-Journalistenpreis (2004) sowie dem European Science Writers Award (2006) ausgezeichnet. Und sogar ein Tier wurde nach ihm benannt: die Süßwasserschnecke Tylomelania baskasti.

Die persönliche und schmerzhafte Erfahrung sorgte für das Umdenken des Wissenschaftsautors Bas Kast. Was war passiert?

Sein Ratgeber „Ernährungskompass“ ist das Ergebnis einer ganz persönlichen und schmerzhaften Erfahrung, die er am Anfang seines Buches auch beschreibt:

„Es war an einem Frühlingsabend vor einigen Jahren, ich joggte los wie üblich, als das für mich total Unerwartete geschah. Damals hielt ich mich nämlich für fit wie ein Turnschuh. Nach kaum einem Kilometer brach ich zusammen. Ein Gefühl, als würde ich mit voller Wucht gegen eine Mauer rennen. Als packte eine stählerne Hand mein Herz und presste es fest und ruckartig zusammen.

Dieser Moment war beängstigend. Und schmerzhaft. Der Schmerz aber war bei Weitem nicht das Schlimmste. Schlimmer war diese vollkommene Machtlosigkeit. Du stehst da, hustend, atmend, und hoffst, dass es vorbeigeht: dass du diesmal noch verschont bleibst und davonkommst. Da war ich gerade 40 Jahre alt, soeben Vater geworden – und schon ein körperliches Wrack.

Ich bin schon immer gern gejoggt. Und ich habe auch immer gern gegessen. Leider auch ziemlich viel Junkfood: Schokolade zum Frühstück, Pommes, Chips zum Abendessen, runtergespült mit Bier. Warum auch nicht? Lange Zeit, so schien es mir, konnte ich essen, was ich wollte. Na gut, mit Mitte 30 oder so entwickelte sich ein Bäuchlein, um nicht zu sagen ein hartnäckiger Schwimmring aus Speck. Aber es gelang mir recht erfolgreich, diese schleichende Metamorphose meines Körpers nach außen hin zu verstecken und nach innen hin zu ignorieren. Bis zu jenem Tag, an dem mein Herz streikte.“

Bas Kast war 40, schlank und fit, als sein Herz beim Joggen streikte. Warum ich? Mit dieser Frage im Kopf suchte Bas Kast nach der ultimativ gesunden Kost.

Kast geht auf eine Entdeckungsreise in die aktuelle Alters- und Ernährungsforschung: Was essen besonders langlebige Völker? Wie nimmt man effizient ab? Lassen sich Altersleiden vermeiden? Kann man sich gezielt „jung essen“? Welche Nahrungsmittel halten wir für gesund, obwohl sie uns sogar schaden? Was taugen die vielen Diäten? Aus Tausenden sich zum Teil widersprechenden Studien filtert Kast die wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über eine wirklich gesunde Kost heraus.

Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren stürzt er sich nicht blind auf eine Studie bzw. auf eine Ernährungsweise oder sogar eine Diät und sucht dann nur noch bestätigenden Erkenntnissen, sondern er listet zu jeder Studie scheinbar widersprüchliche Ergebnisse auf und versucht diese Widersprüche aufzulösen. Kasts Empfehlungen münden nicht in einer Diät. Er weiß, dass eine Diät meist nur kurzfristig hilft, manchmal sogar krank macht. Entscheidend ist eine langfristige Ernährungsumstellung, die in das eigene Leben passt und nicht als Zwangsmaßnahme angesehen wird.

Raimund Bayer: „Wer dieses Buch liest, wird seine kulinarischen Gewohnheiten in jedem Fall überdenken.“

In diesem Dschungel aus Wissen und Unwissen, aus Gewohnheit und Neuem versucht der Autor einen gemeinsamen Nenner zu finden – und wird fündig in nicht wenigen, sondern in hunderten unterschiedlichen Ernährungsstudien, die er sorgfältig und kritisch miteinander vergleicht. Das Vorgehen des Wissenschaftsjournalisten ist vorbildlich, an keiner Stelle stellt der Autor naive Behauptungen an, sondern begründet diese durch gezielte Verweise auf die Fachliteratur (das Literaturverzeichnis weist entsprechend viele Positionen auf).

Raimund Bayer schenkt seinem Garten viel Aufmerksamkeit. Er steht ist voller Gewürze, Kräuter und zur Abwechslung und der Farbvielfalt wegen auch einige Blumen.
Raimund Bayer schenkt seinem Garten viel Aufmerksamkeit. Er steht voller Gewürze, Kräuter und einiger prächtig blühender Pflanzen als Farbtupfer.

Der Autor nimmt die Position eines Generalisten ein: Alle Diäten haben ein Körnchen Wahrheit. Man sollte das Beste daraus herauspicken. Die Low-Carb-Fraktion hat ihre guten Argumente, selbst diejenigen, die das Weizen verteufeln, haben in einigen Punkten recht. Diese versöhnliche Art ist ein großer Pluspunkt, denn auf diese Weise lassen sich Fakten und Mythen gleichermaßen auf den Prüfstand stellen, ohne dass Anhänger einer bestimmten Diät gleich abspringen und Kasts Ausführungen für Unsinn halten.

"Spannender

Bast gelingt es, die gesicherten Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft komprimiert und spannend zu einem Buch unterhaltsam zusammenzufassen. Viele seiner Postulate – gerade was die zu bevorzugenden Lebensmittel betrifft – waren mir bereits bekannt, doch nie zuvor bekam ich so viel profundes Zusatzwissen, das sich quasi von selbst zu einem Ganzen zusammenfügt. Damit will ich sagen: Wer dieses Buch liest, wird seine kulinarischen Gewohnheiten in jedem Fall überdenken und den einen oder anderen Schluss in die richtige Richtung treffen und in Angriff nehmen.

Spannender als ein Krimi: Der Ernährungsberater von Bas Kast. Auch dieses Ergebnis kann sich sehen lassen! Raimund Bayer zeigt vor, was sein Garten ihm beschert hat.
Dieses Ergebnis kann sich sehen lassen: Raimund Bayer zeigt, was sein Garten ihm im letzten Sommer beschert hat.

Der „Ernährungskompass“ ist für mich ein solides Standardwerk. Es zeigt in jedem Fall in jene Richtung, die lang andauernde Gesundheit verheißt und somit in jeden Bücherschrank gehört. Dieses Buch sollte jeder lesen!

Ihr Raimund Bayer


Text und Bilder: Raimund Bayer

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