Endlich sind Sommerferien, was sich jedoch bis zu den Wettergöttern noch nicht recht herumgesprochen zu haben scheint. Wer wie ich Urlaub auf Balkonien macht, braucht die Blumenkästen nicht zu wässern. Statt Freibadwetter sind Regengüsse und „milde Temperaturen“ angesagt. Ein Sommerfeeling stellt sich mir so nur schwer ein.
Besucheransturm auf der Museumsinsel
Mangels Sommerhitze ist dafür nun Gelegenheit, unsere Stadt zu erkunden, einschließlich der Museen. Und die haben auch in den Ferien einiges zu bieten.
Mein Ziel Nr. 1: Die Alte Nationalgalerie
Die Meister der Secessionen können dort nebst der ständig ausgestellten Kunst des 19. Jahrhunderts bis Oktober bestaunt werden.
Klimt, Liebermann und Munch lockten mich also in der vergangenen Woche auf die Museumsinsel, als ich jedoch in den Kolonnadenhof einbog, erkannte ich: Die Idee war nicht wirklich originell. Was ich erblickte, nennen die Feuilletons wohl „Besucheransturm“. Mir verging jedenfalls die Lust am Stürmen und ich wandte mich meinem „geheimen Liebling“ auf der Insel zu.
Mein 2. Ziel: Geheimtipp Bode-Museum
Geheimtipp in Neobarocker Pracht
Ich steuerte also zum Ziel Nr. 2: dem Bode-Museum an der Spitze der Museumsinsel.
Ich mache jetzt etwas ziemlich Unkluges: Ich verrate einen Geheimtipp, einen Ort inmitten der touristischen Hotspots, der unbeachtet von Besuchermassen Juwelen der Bildhauerkunst, aber auch Malerei vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert präsentiert.
Bereits die Eingangshalle zieht mich mit ihrer Pracht regelmäßig in ihren Bann. Der repräsentative Bau war zwischen 1898 und 1904 auf Befehl Kaiser Wilhelms II. im neobarocken Stil erbaut worden und weiß mit ausladenden Treppen, Säulen und Kuppeln, um den Besucher zu beeindrucken.
Als Freundin alter Kunst gerate ich bei jedem Besuch in Verzückung, immer wieder entdecke ich etwas Neues, interessante Details, wie beispielsweise das mittelalterliche Kruzifix mit den beweglichen Gliedmaßen. Arme, Beine und Kopf wurden mit Gelenken am Torso befestigt, sodass die Kreuzabnahme mit der Jesusfigur an den Tagen vor Ostern nachgespielt werden konnte. Bemerkenswert erschien mir dieses Mal auch eine thronende Madonna aus dem 12. Jahrhundert. Auf dem Sockel nennt eine Inschrift den Namen des Künstlers: Presbyter Martinus – für das Mittelalter durchaus eine Rarität, wie ich an anderer Stelle in diesem Blog schon einmal erklären durfte (Die EinzigArtisten des Mittelalters, April 2022).
Picasso und Co. weckten die Spanien-Sehnsucht in mir
In diesem Sommer überraschte mich mein Liebling jedoch mit einer kleinen, aber feinen Sonderausstellung, die schließlich sogar etwas Sommerfeeling in mir entfachte. „Spanische Dialoge“, so der Titel, präsentiert die absoluten Topstars spanischer Malerei im Vergleich: Goya – El Greco – Velasquez – Picasso.
Beseelt von so vielen schönen Eindrücken beendete ich meinen Ferientag auf der (Museums-) Insel und hing beim Betrachten meiner Fotos abends auf dem Balkon meiner wiederentfachten Spanien-Sehnsucht nach: Ich naschte Oliven, gönnte mir ein Glas Rotwein, googelte Tapas-Rezepte und blätterte in Kunstbänden nach Goya, El Greco, Velasquez und Picasso.
Ulrike Stutzky braucht keinen Urlaub außerhalb von Berlin. Ihre Leidenschaft gehört den Museen auf der Museumsinsel und anderen, die Kunst und Kultur aus vergangenen Epochen zeigen. Von Begebenheiten aus dem Mittelalter weiß sie herrlich zu berichten. Doch ein bisschen Spanien-Sehnsucht tritt ein, als sie von ihrem Liebsten zur Sonderausstellung ins Bode-Museum eingeladen wird.
Eine Kostprobe ihrer Artikel: Ulrike Stutzkys Beiträge beim Nachrichtendienst für Kunst und Kultur.