12 von 12 Juni 2021: Skizzen aus dem Atelier Keitel

Am 12. Juni 2021 ist es so weit: Horst-Dieter Keitel spendiert 12 seiner Skizzen aus dem ihm zugehörigen Atelier. Horst Zeitler ist eingeladen, sie zu kommentieren.

Horst Zeitler: Bilder und Dinge aus der Umgebung interpretiert jeder für sich selbst – so vielfältig und differenziert, wie es die Menschen sind, die sie betrachten. Eigentlich sind Skizzen nicht in erster Linie für das Publikum gedacht, sondern eher Arbeitsmaterial, Übung, Quelle, Inspiration. Ein Blick in Skizzenbücher ist nicht das normale Herangehen an das Werk eines Künstlers. Es sind eher intime Arbeiten, die normalerweise keinen Anspruch auf hohe künstlerische Aussage haben. Ich habe mir die Zeichnungen aus Horst-Dieter Keitels Skizzenbuch angesehen und kurz wie bündig kommentiert.

12 von 12: Der Tag beginnt mit dem Skizzenbuch, das aufgeschlagen werden möchte.
Das Skizzenbuch bleibt in der Regel öffentlich tabu.
1 von 12: Keith M. C. Keitel

2 von 12: Frisch am Tag gelingt Horst-Dieter Keitel ein komplexes Werk.

Das dichte Geflecht von Linien hat mich an zwei Künstler erinnert:  Keith Haring und M.C. Escher. Die Assoziation an Keith Haring lässt sich zurückführen auf die kräftige Strichführung ohne dynamisches Aufblühen der Linie, klar und eindeutig. Aber die räumliche Wirkung der Objekte ist bei weitem nicht klar und eindeutig. Mal befinden sich die gleichen Strukturen im Vordergrund, dann betten sie sich wieder in den Hintergrund ein. M. C. Escher lässt grüßen.

2 von 12: Stillleben mit Drogen

3 von 12: Horst-Dieter Keitel ist kurz vor der Mittagspause, die in Wasser, Glas und etwas Hochprozentiges aufs Papier bringen lassen.

Eine typische Versuchsanordnung mit Gläsern und Flaschen, aufgebaut in einer in die Tiefe führenden Diagonale. Die Zigarettenpackung bringt das räumliche Gefüge durcheinander. Tja, was Drogen so anrichten können! 😉

3 von 12: Zwei- bis dreidimensionaler Frauenkopf

4 von 12: Die Dame fürs Herz sitzt nebenan - ein gefundenes Fressen für die Bildgebung.

Das flächige Gesicht ruht auf einem dreidimensionalen Sockel. Nase, Ohren und Ohrringe versuchen sich ebenfalls in räumlicher Wirkung, kubistisch angehaucht. Die lockere Haarpracht segelt wellenförmig hinaus aus dem Rahmen.

4 von 12: Springteufelchen

5 von 12: Nun gerät auch der Künstler ins Bild. Das Gespräch ist von den Anstrengungen der Verdauung geprägt.

Die Deckel von Kiste und Röhre haben sich selbstständig gemacht, sind nach oben geschnellt und schauen etwas verdutzt aus der Wäsche: „In welchen Raum sind wir hier geraten? Wer schiebt uns wieder zurück in unser Gehäuse?“

5 von 12: Vibrations

6 von 12: Horst-Dieter Keitel gibt den Blick auf rhombische Figuren frei. Handelt es sich um Sport oder um ein Ausstiegsszenario?

Im Britzer Garten befindet sich eine Windharfe. Wenn man sich auf die kleine Bank setzt, in deren Rücken der Wind die Stahlseiten in Schwingung versetzt, fühlt man die Vibrationen körperlich. In der Skizze schwingt die Umgebung, lässt die Einzelteile hüpfen. Hörst du die Töne?

6 von 12: Kistenkatze

7 von 12: Die Katze ist des Künstlers Lieblingsmotiv. Am liebsten malt er sie schwarz auf gelb.

Die Katze erinnert mich am stärksten an Horst-Dieter Keitels Arbeiten. Seine flächigen auf die Silhouette reduzierten schwarzen Katzen mit den leuchtend gelben Augen sind fast ein Markenzeichen. Ich habe sie zum ersten Mal bei einem Lichtenrader Kunstfenster gesehen: schwarze Katzenansammlungen mit Glühaugen. Hier ist das Kätzchenporträt trotz ausgefahrener Krallen in sanfter Strichführung gehalten.

7 von 12: Wackelige Beziehung

5 von 12: Nun gerät auch der Künstler ins Bild. Das Gespräch ist von den Anstrengungen der Verdauung geprägt.

Die kleine Dicke in ihren üppigen Formen wartet gespannt auf die Annäherung des langen Schlaksigen.

8 von 12: Streifenschnittexplosion

9 von 12: Der Urknall und das Blitzlichtgewitter? Wozu Schreddermaterial fähig ist! Für den 12. Juni 2022 sind im Atelier 12 Skizzen entstanden - fragwürdige Darstellungen!

Schreddermaterial kann recht explosiv sein, insbesondere wenn es sich um brisante Dokumente handelt. Eine kleine Hommage an die Stasiunterlagen und sonstige Behörden, die gerne im Keller Streifenschnittproduktion gestalten.

9 von 12: Multiplexplattenbaum

10 von 12: Windräder etwas ungelenk auf der Suche nach Wind. Blühende Fantasie aus dem Atelier Keitel - blühend genug, um für 12 von 12 im Juni 2021 einen ehrwürdigen Platz zu bekommen!

In Coronazeiten blüht das Heimwerkerdasein auf. So kann es schon vorkommen, wenn die Ausgangssperre einen an den Werkstattkeller fesselt, dass in Ermangelung der Begegnung mit der Natur auf die Produktion von Bäumen aus Schichtholz zurückgegriffen wird. Mal sehen, ob das Werk den nächsten Sturm übersteht.

10 von 12: Big pipe is watching you

11 von 12: Papierrollenpalaver bei Nacht Für 12 von 12 im Juni 2021 hat Horst-Dieter Keitel 12 Skizzen angefertigt. Diese hier zeigt das, was im Titel steht. Anders geht es nicht zu beschreiben.

In alle Richtungen verbiegen sich die Röhren. Sind es Augen, die herausblicken, oder Lautsprechermembrane? Vielleicht sind die Röhren Verwandte der Skulptur vor dem Pumpenhaus im Britzer Garten?

11 von 12: Mühlenblume

12 von 12: Ist das etwas, was nach nichts aussieht? Oder ist das nichts, was nach etwas aussieht? Zu sehen ist ein Rohr, das durch eine ausgestanzte Führung passt und das irgendetwas Schmuckhaftes eine Schleife im Hinterhalt führt.

Von oben und unten gleichzeitig, plastisch-flächig, verrückte Konstruktion. In diese Mühle möchte ich nicht geraten und im schwarzen Schlund verschwinden. Oder ist das lediglich das Auge einer Kornblume mit Aussichtsterrasse?

12 von 12: Achtung auf Beinen

12 von 12: Zwei ineinander hängende Ringe, die sich bei Geschicklichkeit voneinander trennen lassen. Eine Skizze aus dem Atelier Keitel scheint einem Jahrmarkt entsprungen zu sein - gerade richtig für 12 von 12 im Juni 2021.

Zum Schluss einfach Acht geben – und nicht so ernst nehmen.


12 von 12 im Juni 2021: Die Fotodokumentation am 12. eines jeden Monats. Horst Zeitler hat die Skizzen von Horst-Dieter Keitel wie folgt kommentiert.
Horst Zeitler. Er hat kommentiert, was Horst-Dieter Keitel ihm vorgelegt hat.

Autor der Kommentare: Horst Zeitler

Schon zu Beginn der 1970er hat es mich, den gebürtigen Franken, nach Berlin verschlagen zum Studium der Kunsterziehung und Politikwissenschaft. Berlin-Neukölln war meine Lehrerheimat. Die letzten Jahre meines Lehrerdaseins an der Lise-Meitner-Schule waren verbunden mit der Fortbildungstätigkeit am Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg. Seit 2013, nach meiner Pensionierung, arbeite ich als bildender Künstler – laut Finanzamt eher hobbymäßig. Lichtenrade ist seit Mitte der 1980er Jahre mein Zuhause. Seit einigen Jahren gehöre ich zum Organisationsteam des Lichtenrader Kunstfensters, das pandemiebedingt in diesem Jahr nicht stattfinden kann. Zeichnen, Radieren und Drucken sind meine Leidenschaft, auch wenn in letzter Zeit viele Acryl- und Ölgemälde entstanden sind. Ich freue mich darauf, in Zukunft weiter etwas beitragen zu können zur Fortentwicklung der künstlerischen Landschaft im Süden Berlins.

Zur Fotodokumentation: Mein Ausflug in Bildern im Mai 2021

1 Kommentar

Kommentieren →

Schreibe einen Kommentar